Bernhard Rauscher alias „Lumenman“ habe ich jetzt schon das ein- oder andere Mal persönlich getroffen. Bernhard ist unter anderem (genau wie ich) gerne im Bereich Lichtmalerei unterwegs. Aber es gibt auch andere Fascetten von ihm. Ich freue mich auf seine Antworten…
Bernhard, für alle, die dich nicht kennen: Wer bist du, was machst du und woher kommst du ?
Ich bin Bernhard Rauscher, komme aus München und bin hier auch vor 45 Jahren geboren. In mein Berufsleben startete ich tatsächlich mal als Dipl. Ing.. Darauf aufbauend studierte ich noch Wirtschaft, gründete aber bereits im Studium eine Agentur, die mich 17 Jahre begleiten sollte (bis Ende 2014). Dann haben wir diese inkl. der 60 Mitarbeiter verkauft. Das heisst aber auch, dass ich nach meinem Studium eigentlich nie als Ingenieur gearbeitet hab. Witzigerweise trifft aber gerade jetzt wieder Kreativität und Technik in meinem Leben vermehrt zusammen.
Verdienst du mit der Fotografie dein Geld oder was machst du beruflich ?
Ja, ich verdiene auch mit der Fotografie Geld. Das startete sehr klassisch während der Arbeit in der Agentur. Ich fotografierte für unsere Projekte, anfangs erst in der Pitchphase, später sehr große Produktionen im Bereich Werbekampagnen. Mittlerweile verdiene ich im fotografischen Teil meines Lebens aber hauptsächlich mit Lightpainting meine Brötchen und hier im Speziellen mit Werbeprojekten und Kunst. Und seit August betreibe ich eine Online Akademie zum Lightpainting (www.akademie.lumenman.de)
In meinem weiteren beruflichen Leben beschäftige ich mit Brandbuilding und positioniere Marken im Internet. Ich hab auch mehrere Eigenmarken, die ich über Amazon verkaufe. Übrigens auch ein Kartenspiel für kreative Fotografen namens Inspiracles. [www.inspiracles.de]
Warum gerade Lichtmalereie, was fesselt dich daran ?
Anfangs bin ich da so reingerutscht, weil mein Fotoclub (Blende1 in München) eine Ausstellung zum Thema Licht machte. Aber schnell war klar, dass Lightpainting alles vereint, was mich kreativ anspricht:
1. ich kann basteln, löten, experimentieren, 2. ich fotografiere und bin gleichzeitig sehr aktiv vor der Kamera und 3. man hat so extrem viele Möglichkeiten, Motive umzusetzen, dass es viel Neues zu entdecken gilt.
Du vertreibst ja auch eigene Lichttools. Was sind das genau für Tools und wo bietest du diese an ?
Momentan sind das Lightblades (Acrylglas-Aufsätze für Taschenlampen), die ich Lumenman Blades nenne. Ich hab acht verschiedene Designs entwickelt und eine neue Art der Befestigung an Taschenlampen, die das Licht nicht erst auf ein kleines Loch reduziert sondern die maximale Menge Licht in das Blade bringt. Ich wollte mir anfangs die besten Blades bauen lassen, die ich mir vorstellen konnte und es war einfach günstiger, mehr als ein Stück zu bauen. Und daraus wurde dann diese Kleinserie, die sehr gut ankommt. Logistik und Bezahlungsabwicklung übernimmt europaweit Amazon für mich. Hier auf meiner Seite stelle ich die Lumenman Blades vor: http://lumenman.de/lumenman-blades/
Wie sieht ein typischer Tag in deinem fotografischen Leben aus ?
Ich hab sehr unterschiedliche fotografische Tage. Wenn es Shootingtage (oder meist -nächte) sind, beginnen sie mit dem Packen von Equipment. Ich bin ein Checklisten-Nerd, sprich es wird alles nach Liste abgehakt, denn am Shootingtag selbst ist meist eher Zeitdruck als kreativer Freiraum beim Packen.
Nach Anfahrt und Locationcheck, den ich für extrem wichtig halte und ihn immer bei Tageslicht mache, geht’s ans Shooten. Da ich immer vorab konzipiere, nähere ich mich erstmal daran an und versuche mein Konzept umzusetzen, danach kommt die Kreativität. Und da kann es passieren, dass man die Zeit auch mal vergisst…
An meinen anderen fotografischen Tagen sind Arbeiten am Rechner angesagt: Vorbereitend in Sachen Konzeption und Recherche oder nachbereitend mit Auswahl und Nachbearbeitung. Und sollte man, wie ich, auch Geld damit verdienen wollen, dann sind ein sehr großer Anteil die Kundenbetreuung und die kaufmännischen Tätigkeiten.
Es wäre spannend zu wissen, wer deine fotografischen Vorbilder sind..
Inspiration ist für mich mit das wichtigste. Darum sammle ich auch gerne Links und Bilder von interessanten Konzepten. Die müssen noch nicht mal fotografischer Natur sein. Meist sind es aber weniger bekannte Dinge und meist verfolge ich auch keine einzelnen Fotografen. Dennoch hatten die Bechers (Bernd und Hilla Becher) und vor allem ihre Schüler mich immer inspiriert, allen voran Andreas Gursky. Aber das würden wohl viele deutsche Fotografen sagen, stimmt ja auch, die Zeit war prägend. In Sachen Lightpainting hatten viele Einfluss auf mich, wenn ich aber meinen jetzigen Stil betrachte, dann wohl am meisten Patrick Rochon.
Was ist dein Lieblingsequipment ?
Klingt komisch, ist aber so: alles, was in einen Handgepäckkoffer passt – und zwar alles zusammen: Kamera, Stativ und Lightpainting Utensilien. Damit einhergehend liebe ich modulare Tools, die ich vor Ort in Sachen Licht, Form und Farbe kombinieren kann. Damit sind dies mit großem Abstand meine Lightblades momentan.
Findest du es wichtig, die eigenen Bilder auch zu drucken ?
Der Druck von Bildern kann kaum ersetzt werden, daher ist das auch für mich sehr wichtig. Man sieht Dinge, die man am Monitor einfach nicht gesehen hat. Leider mach ich es viel zu selten.
Was macht für dich ein gutes Bild aus ?
Die kürzeste Frage mit der größten Antwortmöglichkeit. Die Kurzantwort heisst für mich: Wenn es bewegt!
Was war die verrückteste Geschichte, die du bei der Erstellung deiner Bilder erlebt hast ?
Beim Lightpainting erlebt man nachts ja so einiges, von angeheiterten Passanten, die meinen, ich kommuniziere mit Ausserirdischen bis zum Ordnungspersonal, mit dem man Katz und Maus in öffentlichen Gebäuden spielt.
Das verrückteste war aber bestimmt eines meiner ersten Shoots: Ich stellte mich unter ein Vordach eines scheinbar verlassenen Gebäudes in München und testete alle was leuchtet und ich zusammen gebastelt hatte. Nach knapp zwei Stunden kam ein Polizeiwagen in Schrittgeschwindigkeit angefahren. Vorsichtig näherten sich die beiden Polizisten, die Situation war aber schnell und humorvoll geklärt. Das Schockierendste aber war für mich, dass sie mich bereits seit zwei Stunden über zwei Überwachungskameras beobachteten und sich den Kopf kratzten, was ich denn da mache. Es war nämlich ein Polizeigebäude…
Hast du eine deiner Fotografien vor Augen bei der du sagen würdest, Ja, das ist meine beste Aufnahme ?
Das denke ich immer wieder mal über meine aktuellste Aufnahme. Und immer wieder revidiere ich das dann mit der nächsten. Das macht es aber für mich aus: es herrscht nie Stillstand, ich liebe das Neue.
Hast du ein bestimmtes Motiv im Kopf, welches du 1x im Leben fotografieren möchtest, aber bislang noch nicht gemacht hast ?
Ein Lightpainting mit Daft Punk.
Wieviel Zeit investierst du im Schnitt für die Nachbearbeitung deiner Bilder am Computer ?
Mehr als ich möchte, denn mein Ziel ist es, vor Ort das beste raus zu holen. Das ist kreativ. Am Rechner ist’s nicht kreativ, sondern Arbeit. Dennoch muss ich, gerade bei kommerziellen Projekten, viele Backups schießen, auswählen und bearbeiten. Gerade im Videobereich ist das mittlerweile komplett ausgeartet. Da rechnet mein eigentlich sehr schneller Rechner eine Minute an einer Sekunde Rohfilm, wenn ich ihn durch meinen selbst entwickelten Lightpainting Prozess jage.
Ich habe in deiner Vita gelesen, dass du auch Autor bist.. magst du darüber ein wenig erzählen ?
Ich hab im Bereich Brandbuilding einiges geschrieben zu Agenturzeiten, aber auch in Sachen Fotografie und Lightpainting hab ich sehr viele Zeitschriftenartikel veröffentlicht und letztes Jahr auch zusammen mit anderen Autoren das Buch „Expedition ins Licht“ im Rheinwerk Verlag. Und es kommt bestimmt bald mehr.
Du bist ja auch Dozent.. was bringst du anderen bei ?
Ich bin Hochschuldozent an der AMD (Akademie für Mode und Design). Ich hatte hier mehrere Fotografie-Semster aber auch eine Vorlesung zu Markenaufbau und Werbung. Leider hab ich zu wenig Zeit für dieses an sich tolle Thema der Wissensvermittlung.
Was sind deine Ziele für die sagen wir nächsten 2 Jahre ?
In zwei Jahren möchte ich noch zeit- und ortsunabhängiger arbeiten wie jetzt schon und damit viel mehr Zeit für mich, die Kreativität, das Lightpainting und meine Familie haben.
Welches ist deine liebste Webseite / Buch / Blog o.ä. über Fotografie und warum ?
Über einen RSS-Reader hab ich unzählige Blogs abonniert und ich bin auch in vielen Facebookgruppen. Somit ist es nicht ein spezieller Kanal sondern die Mischung. Wenn ich Zeit hab, schau ich in meine Timeline dieser Kanäle und sammle, was mir gefällt.
Wieviel Zeit investierst du für Social Media ?
In Social Media investiere ich zu viel Zeit, aber auch zu wenig. Zu viel, weil ich dauernd abdrifte, wenn ich mal drin bin. Und zu wenig, weil ich meine eigenen Kanäle nicht so gut bespiele, wie es optimal wäre.
Wo zeigst du deine Bilder am liebsten ?
Ich selbst zeige meine Bilder auf meiner Homepage und teile ab und zu in Facebook und auf Instagram. Alles andere hab ich momentan gestoppt (Flickr, 500px, fc, etc.), man kann nämlich auch sein ganzes Leben mit Social Media vertrödeln.
Gibt es einen Tip, den du gerne an andere Fotografen weitergeben würdest ?
Der für mich wichtigste Tipp wäre: Arbeite konzeptionell! Nur vor Ort immer wieder kreativ zu sein bringt einen meist nicht über einen gewissen Punkt hinaus.
Vielen Dank Bernhard (Rauscher) für das informative Gespräch !
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Danke für das Interview und Feature, Frank!
Sehr sehr gerne Bernhard !